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Fujifilm X-S10 im Praxistest – Die perfekte APS-C Kamera?

Die meisten verbinden mit Fujifilm die XT Serie. Eine sehr klassisch aufgebaute Kamera. An Stelle eines Moduswahlrades hat diese ein Rad für die Verschlusszeit und für ISO. Mit der Fujifilm X-S10 ändert sich das und Du bekommst eine Bedienung ähnlich wie bei einer Spiegelreflex bzw. wie bei spiegellosen Sony und Nikon Kameras mit einem P, A, S, M Moduswahlrad. Gleichzeitig löst sich Fuji damit von dem XT Design. Ja, die XT Serie sieht super aus, aber für mich ist der größte Nachteil, das Fuji hier Design über Funktion stellt. In meinem Test zur X-T4 war der größte Nachteil für mich der schlechte Griff und genau das ist anders an der X-S10. Du bekommst den gleichen Sensor der XT4, die gleiche Bildqualität, den gleichen Autofokus, aber einen besseren Griff, ein Moduswahlrad und damit eine etwas modernere Bedienung. UND einen eingebauten 5-Achsen-Stabi und das alles für knapp 1.000€. Klingt nach einer perfekten Kamera, oder? Wo liegen die Stärken und die Schwächen dieser Kamera?

Fujifilm X-S10 – Die beste APS-C Kamera bis 1.000€?

Ich hab mir die X-S10 das letzte Jahr sehr genau angesehen und auch ein Fotokurs speziell zu dieser Kamera entworfen. Das heißt es war kein flüchtiger Blick, sondern ich kenne die Kamera jetzt ziemlich gut.

Das Gehäuse

Mein größter Kritikpunkt bei Fuji war bisher immer der Griff. Die X-T4 ist technisch super, aber sie liegt für mich einfach schlecht in der Hand. Das ist bei der X-S10 besser. Sie liegt für mich gut in der Hand für die Größe der Kamera. Es ist endlich ein richtiger Griff. Das Gehäuse ist ein Magnesiumgehäuse, allerdings ist es nicht gegen Feuchtigkeit abgedichtet, Du hast also keinen spritzwasserschutz. Die Verarbeitung wirkt ganz gut, aber nicht so hochwertig wie die X-T4, aber, sie ist ja auch günstiger und mit 465g auch leichter.

Als Kartenslot nutzt sie natürlich eine SD-Karte. Typ UHS-I. Die super schnellen UHS-II Karten kannst Du verwenden, hast aber keinen Mehrwert. Für eine Kamera in der Preisklasse ist das ok und auch völlig ausreichend. Der Akku hält etwa 325 Aufnahmen. Nicht gerade die beste Leistung, also 2. Akku würde ich gleich mitkaufen. Und wenn Du dann noch den Boost Modus der Kamera einschaltest – damit z. B. die Sucherfrequenz höher ist, dann ist der Akku noch schneller leer. Schön ist aber, das Du den direkt in der Kamera über den USB-C Anschluss laden kannst.  USB-C ist die Zukunft, schön das die Kamera den hat. Direkt darunter hast Du einen Mikro HDMI Anschluss.

An den Anschlüssen wurde ein wenig gespart, Du hast ja nur 3 und trotzdem ist alles drin. Der Klinkenstecker ist für den Kabelauslöser und ebenfalls für ein externes Mikrofon. Das musst Du im Menü umstellen. Und über den USB-C Anschluss, kannst Du einen Kopfhörer anschließen, der Adapter auf 3,5mm Klinke ist mitgeliefert. Schöner wäre ein direkter Anschluss. Aber ich habe trotzdem nichts zu meckern, denn in der Preisklasse einen Kopfhöreranschluss zu haben ist alles andere als selbstverständlich. Von daher, top. 

Sucher/Display

Der Sucher hat 2,4 Mio. Bildpunkte. Das ist ok, es gibt höher auflösende Sucher, die Kameras sind aber alle teurer, also auch wieder, für die Preisklasse, absolut in Ordnung. Das Display hat knapp über 1 Mio. Bildpunkte, auch das ist gut. Es ist Dreh- und schwenkbar in alle Richtung, nach vorne, zur Seite und einklappbar um das Display zu schützen. Genau so lieben es viele. Die Sucherfrequenz ist übrigens einstellbar von 60 Hz auf 100 Hz über den Boost-Modus, also praktisch für die Sportfotografie bzw. jegliche schnelle Bewegung. Also Sucher und Display sind bezogen auf die Preisklasse genau richtig und gut.

Sensor + Bildqualität

26 MP statt 24 MP bei der Konkurrenz, X-Trans Sensor statt Bayer-Sensor? Das klingt gut in der Theorie, in der Praxis macht das für mich keinen Unterschied. Gerade bei X-Trans, also die Anordnung der einzelnen Farbpixel ist anders als beim herkömmlichen Bayer-Sensor. Das WAR ein realer Vorteil bei 16 MP Kameras, aber nicht mehr heute. Es war aber ein Nachteil bei der RAW Bildbearbeitung, aber auch nicht mehr wirklich heute. Also kurz, Du wirst kaum einen Unterschied ausmachen können in Bildqualität und Rauschen verglichen mit einer Sony oder Nikon. Aber, ich fotografiere hier keine Charts ab, da machen die Profis bei dpreview.com besser. Schau dir gerne dort die Auflösung, Rauschen usw. an. Wie gesagt, das macht für mich heute kaum einen Unterschied aus, da ist das Objektiv was Du verwendest viel viel wichtiger. Und damit ist das Thema Bildqualität für mich abgehakt. 

Aber, wo der große Unterschied ist, Fuji nutzt einen BSI Sensor. Also Backside Illuminated. Theoretisch ist dieser lichtstärker, praktisch aber ebenfalls nicht. ABER, der BSI Sensor der X-S10 kann schneller ausgelesen werden. Genauer gesagt – habe ich gemessen – benötigt die Kamera 24 ms um den Sensor auszulesen. Grob sind das 40x pro Sekunde. Und das ist ziemlich schnell. Deshalb kannst Du 20B/s mit voller Auflösung aufnehmen, und im Sucher siehst Du beim Fotografieren, trotzdem 40x in der Sekunde ein aktualisiertes Bild. Das gibt es sonst bei keiner APS-C Kamera, nur bei professionellen Vollformatkameras wie der Canon R5 oder Sony A1/A9. Aber das ist eine andere Liga. 

Aber was hast Du davon? Wenn Du einen Vogel im Flug anvisierst, kannst Du den 100 Hz Sucher nutzen, das haben andere, z. B. Sony ebenfalls, Aber während Du fotografierst, hast Du z. B. bei einer Sony A6400 nur 11 B/s im Sucher, weil Du immer nur das zuletzt gemachte Bild siehst. Und bei der XS10 wie gesagt 40 Bilder/s. Und das macht für Nachverfolgungen schon einen großen Unterschied. Ein weiterer Vorteil ist der relativ geringe Rolling-Shutter Effekt beim elektronischen Verschluss. Also wenn Du komplett lautlos fotografieren willst. Das ist auf jeden Fall auch eine Stärke der XS10. Also kurzgefasst, es ist derzeit der beste Bildsensor im APS-C Bereich den Du bekommen kannst. 

Bedienung

Ich finde die Idee der klassischen Bedienung einer XT3 oder XT4 zwar gut, wenn Du schon lange fotografierst, aber nicht so Einsteigerfreundlich. Die XS10 dagegen hat ein Moduswahlrad, wie man es auch von heutigen Spiegelreflexkameras kennt, das macht für viele den Umstieg oder auch den Einstieg leichter, das ist gut, wenn es also Deine erste Kamera ist. Du hast 3 Einstellräder, das ist super. Anders als im Video gesagt, kannst das linke Rad auch fast komplett frei umprogrammieren und auf Deine Bedürfnisse anpassen und zum Beispiel ISO drauflegen.

Apropos Filmsimulationen, die machen bei Fuji immer Spaß, erinnert an früher. Und wer zu Analogzeiten noch nicht fotografiert hat, der bekommt vielleicht ein kleines Gefühl dafür, wie es damals war. Mein Lieblingsfilm war übrigens immer der Velvia. Provia war immer sehr neutral und Velvia gab dem Bild ein extra push an Farbe

Die Tastenanordnung finde ich insgesamt gelungen. ISO, Quickmenü ist gut erreichbar, Videotaste passt. AEL und AF ON und dann noch eine extra Taste direkt neben dem Sucher. Die ist für den Weißabgleich. Da sie umbeschriftet ist, ist sie aber ideal zum umprogrammieren

Die XS10 hat ein paar Dinge, die mir richtig gut gefallen und nicht gerade typisch sind, Du hast z. B. einen Joystick, der ist super vor allem um das AF Feld zu verschieben. Langzeitbelichtungen sind nicht auf 30 Sekunden begrenzt wie bei anderen, sondern Du kannst auch 1 Min., 5 Min. oder sogar 15 Min. belichten ohne externes Zubehör zu verwenden. Wenn Du also gerne Langzeitbelichtung bei Nacht machst, wird Dir das gefallen. Wenn es ein Firmwareupdate gibt musst Du die Kamera nicht an den Computer anschließen, sondern Du kannst das Update direkt von der Smartphone App auf die Kamera übertragen. Das erwarte ich zwar eigentlich von jedem Hersteller, bei den meisten geht das aber nicht. 

Dann gibt es noch so Kleinigkeiten. Z. B. Kannst Du Dir eine Schärfentiefenkontrolle einblenden lassen. Das ist sehr versteckt im Menü, findet man kaum. Wenn Du es aber eingeschaltet hast, dann siehst Du ungefähr die Ausdehnung der Schärfe bei der eingestellten Blende unten in der Scala. Weiß ist die gemessene Entfernung und blau markiert ist die Ausdehnung der Schärfe, also der Schärfebereich. Auch das ist ein cooles Features. 

Insgesamt also eine gut ausgestattete Kamera, mit ein paar Extra Features, von der Bedienung aber nicht immer die leichteste. Wer Priorität auf einfache Bedienung hat, Canon + Nikon sind da meiner Ansicht nach einfacher zu bedienen. Aber die X-S10 ist super ausgestattet, und wenn Du meinen Masterclass Kamera Workshop dazu nimmst, dann verstehst Du auch alles an der Kamera, versprochen! 😉 

Geschwindigkeit

Wenn es um die Geschwindigkeit geht, hier ist die XS10 besser als jede andere APS-C Kamera. Der Sensor ist von der Qualität nicht besser, aber von der Geschwindigkeit. Mit mechanischem Verschluss sind bis zu 8 Bilder pro Sekunde möglich, mit elektronischem Verschluss sogar bis zu 30 Bilder pro Sekunde (bei Crop-Faktor 1,25). Das sind dann 16 MP. In voller Auflösung bei 26 MP sind es 20 B/s. Wenn Du den elektronischen Verschluss nimmst, hast Du im Sucher kein Blackout der die Sicht auf das Motiv beeinträchtigt, sondern wie schon erwähnt zeigt der Sucher flüssige 40 B/s an, auch während Du fotografierst. Und das alles inklusive Autofokus.

Dann gibt es noch ein PreShot Feature, damit kannst Du super Momente einfangen, das fängt quasi schon an zu fotografieren, bevor Du den Auslöser ganz durchdrückst. 

Autofokus

Auch den Autofokus habe ich natürlich wieder für euch getestet. Es ist aber das gleiche AF System der X-T4, hier bekommt ihr also den besten AF, den Fuji zu bieten hat. Tracking funktioniert in der Regel zuverlässig. Der Autofokus ist sehr gut, wenn auch nicht ganz auf dem Niveau einer Sony A6400 / A6600

Die Gesichtserkennung und der Augen-AF funktionieren ebenfalls generell sehr gut. Mir ist aber aufgefallen, wenn man zu dicht heran geht, erkennt die Kamera kein Auge mehr. Auch insgesamt gibt es bei der Augenerkennung durchaus mal einen Fokus daneben, z. B. wenn die Augenbrauen zu dominant sind. Die Augen von Tieren werden bei Fuji übbrigens immer noch nicht erkannt. Also solider und zuverlässiger AF, aber nicht der Beste am Markt, eher der 2. Beste. 

Stabilisator

Einen 5-Achsen-Stabilisator im Gehäuse bei einer Kamera unter 1.000€? Das gibt es sonst nicht, jedenfalls nicht bei APS-C Kamera. Das ist schon einmal genial. Laut Fujifilm schafft der bis zu 6 EV Stufen auszugleichen, das ist mehr als Sony bietet bei der A6600. Das ist das einzige APS-C Modell von Sony was ebenfalls einen 5 Achsen Stabi hat. 

Ich habe den Stabi getestet, natürlich sehr subjektiv, weil jede Hand anders zittert. Ich komme nicht auf 6 EV Stufen. Bei 50 mm kann ich aber sicher noch 1/6 Sek. aus der Hand halten. Das entspricht eher 3-4EV Stufen. 6 EV wären 1“ Belichtungszeit. Das kann mal funktionieren. Bei mir war es jedes 5.-6. Bild was dann noch akzeptabel scharf war. Auf gut Glück ok, aber sicher bist Du bei ca. 3 EV Stufen. Das ist aber schon sehr gut, nicht ganz so gut wie die X-T4, aber besser als die ältere X-H1. Fuji hat viele Festbrennweiten ohne Stabi, da macht das wirklich einen großen Unterschied und ist ein toller Mehrwert.

Video

Auch im Video hat die XS10 ziemlich viel zu bieten und doch gibt es dann einen kleinen Haken. Das Video wird oversampled aufgenommen, also eine sehr gute Bildqualität. Du kannst 4K bis 30p aufnehmen in den üblichen 8 bit 4:2:0. Das genügt normal völlig, wenn Du aber mehr im Schnitt nachbearbeiten bzw. graden möchtest, kannst du auch mit 10bit und 4:2:2 in Fuji Log aufnehmen über einen externen HDMI Recorder. Und das ist schon ziemlich nice, wers braucht. 

Zeitlupe geht bis 240 B/s wenn Du auf 24p stellt. Ich hab die Kamera jetzt auf 25p, da kannst Du dann 100 oder 200 B/s wählen. Bei 100 B/s hast du noch ein gutes HD Video, bei 200B/s lässt die Qualität aber sichtbar nach. Für einige SloMo Effekte aber schön zu haben. Zeitlupe ist also super, Zeitraffer hat die XS10 leider aber nicht, zumindest nicht direkt als fertiges Video, Du kannst aber die Intervallaufnahme nutzen, wenn Du Zeitraffer erstellen willst.

Wie gesagt sowohl Toneingang, als auch Kopfhörerausgang ist möglich und ein normaler 3,5mm Klinkenstecker. Gerade der Kopfhöreranschluss ist in der Preisklasse nicht üblich. Den Mikrofoneingang wirst Du auch brauchen. Das interne Mikrofon ist nicht wirklich gut. Eigengeräusche der Kamera sind gut hörbar, bei langsamen Speicherkarten sogar Störgeräusche. Aber seien wir ehrlich, wenn Video für Dich wichtig ist, brauchst Du sowieso ein gutes externes Mikrofon.

Dann hast Du noch ein paar tolle Features, z. B. Ein sogenanntes Tally light sowohl vorne als auch hinten. Also ein Licht was Dir anzeigt, das gerade aufgenommen wird. Ob es leuchten soll oder nicht, kannst Du einstellen. Dann noch eine Zebrafunktion, die zeigt Dir Überbelichtungen an, aber das ist mittlerweile auch schon fast Standard.

Als Nachteil hat die Kamera immer noch eine 30 Min. Aufnahmegrenze. Egal in welcher Einstellung, nach 30 Min. hört sie automatisch auf, Du musst das Video dann neu starten. Das ist eine alte Zollgrenze, seit 2021 sind diese Zölle in der EU weggefallen, eigentlich macht das 30 Min. Limit daher keinen Sinn mehr. Wenn Du nur kürzere Clips aufnimmst kein Problem, aber für lange Interviewsituationen wäre das automatische abschalten für mich nervig. 

Thema Überhitzung: Es gibt so einige, die bei direktem Sonnenlicht darüber klagen, das sie sich nach 20, 30 oder 40 Min. abschaltet, wenn ihr in 4K filmt. Das hab ich nicht getestet, bei direktem Sonnenlicht kann das auch bei anderen Kameras vorkommen. Wichtig ist, das sie bei normaler Zimmertemperatur durchgehend aufnehmen kann und das kann sie. 2h durchgehend filmen ist kein Problem. Ihr braucht allerdings 2 Akkus oder ihr benutzt ein Netzteil.

Also, kleines Videofazit: Super ausgestattete Videokamera, eine sehr gute Videoqualität, wenig Rolling Shutter, ABER mit 30 Min Zeitlimit. Und noch ein kleiner Haken, die Benutzereinstellungen auf dem Moduswahlrad, also C1-C4 lassen sich leider NICHT für Video nutzen, nur für Foto. Wenn Du mit den Einschränkungen leben kannst, tolle Videokamera und tolles Gesamtpaket vor allem für den Preis. Bekommt man so, bei keinem anderen Hersteller.

Fazit

Das ist aktuell meine favorisierte Fuji Kamera unabhängig vom Preis. Anständiger Griff, und das ist für mich wichtiger als das ein oder andere Feature. Alles drin, was die meisten brauchen, sehr gutes Preis- Leistungsverhältnis. Gute Qualität wenn es um Foto und Video geht. Und ein guter Stabilisator. Die Bedienung ist nicht immer Einsteigerfreundlich, aber sie kann sehr viel. Ich mag sie auch lieber als die XT4 auf Grund der Bedienung, auch wenn die XT4 etwas besser ausgestattet ist. Insgesamt eine Kamera die alles kann, von Portraits, Sport, Wildlife usw. Das System ist gut, Fuji hat ja viele Objektive im Sortiment. Möchtest du also eine sehr gut ausgestattete Kamera, ist die XS10 super für dich und ich kann die Kamera nur empfehlen. Die einzige Konkurrenz dieser Kamera ist die Sony A6600, jedoch zu einem deutlich höheren Preis.

Welche ist die beste APS-C Kamera? Im Battle: die Fujifilm X-S10 gegen Sony Alpha A6600

Comments 2

  1. Besten Dank für die klare und die Praxis veranschaulichende Kamerabeschreibung. Hat Fuji schon einen Nachfolger herausgebracht oder ist damit zu rechnen?

    Viele Grüße
    Clemens Jenaczek

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